Auslandsaufenthalte

Will man ein Schuljahr im Ausland verbringen, gehört einiges an Vorbereitung dazu. Zum Beispiel ein persönliches „Interview/Aufnahmegespräch“. Der Interviewer stellte einige Fragen über meine Motivation und meinen Charakter. Man braucht nicht aufgeregt sein. Mit den Fragen wird nur versucht herauszufinden, ob man wirklich einen Austausch machen möchte und ob es einem zugetraut wird, eine so lange Zeit von zuhause weg zu sein. Anschließend konnten alle verbliebenen Fragen geklärt werden. Ein kleiner Englischtest war ebenfalls Teil des Interviews, aber auch der zielte eher darauf ab, ob man sich traute Englisch mit einem „Fremden“ zu reden. Nach dem Gespräch wurden mir meine persönlichen Zugangsdaten zum „into Portal“ gegeben, um meine Onlinebewerbung fertigzustellen. Man muss auch an einem Vorbereitungsseminar teilnehmen. Die beiden Seminarleiter und mehrere Returnees informierten uns über organisatorische Dinge und gaben uns jede Menge Tipps mit auf den Weg, wie man sich in verschiedenen Situationen verhalten sollte, um Fettnäpfchen zu vermeiden.

Für die Reise haben wir alle ein T-Shirt bekommen, damit wir von Anfang an die anderen into-Schüler am Flughafen erkennen konnten. Vom Frankfurter Flughafen ging‘s nach London Heathrow. Dort hat uns ein Mitarbeiter von meiner Organisation empfangen. Das Camp fand in einer Jugendherberge in London statt. Auf dem Programm standen u. a. das London Eye sowie der Buckingham Palace. Neben dem Sightseeings und Ersten-Eindruck-von-England-bekommen bot das Camp die Möglichkeit, sich auf die englische Sprache einzustellen. Nach dem Camp fuhren alle Teilnehmer mit dem Zug weiter zu ihren Gastfamilien. Am Bahnhof begrüßte uns zusätzlich zu unseren Gastfamilien die Ansprechpartnerin von into (Local Rep).

Meine Gastfamilie zeigte mir die Umgebung, erklärte mir die Buslinien, nahm sich Zeit meine Fragen zu beantworten und war geduldig, wenn ich Vokabeln nicht verstand und sie mir etwas erklären mussten. In der Schule werden Austauschschüler in der Regel in die Oberstufe (6th form) eingestuft. Man hat freie Fächerwahl bis auf Mathe und Englisch. Ich entschied mich zusätzlich für Chemie und Physik. Da man freie Fächerwahl hat, machte mir die Schule viel Spaß.

Die Zeit verging sehr schnell und schon bald war der Tag des Rückflugs gekommen. Ich fand mein Jahr in England sehr schön und würde es jederzeit wieder machen.

Linus Morell

Der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich die nächsten 10 Monate in einem fremden Land, mit fremden Leuten, einer fremden Sprache und fremden Traditionen verbringen werde, war am Abend vor meiner Abreise. Am nächsten Morgen hieß es dann ab zum Flughafen. Alleine 10 Stunden in einem Flieger über dem Atlantik und das mit Flugangst. Ich komme an in Charlotte, North Carolina. Das erste, das ich bemerke, ist, dass es mindestens 10 Grad wärmer ist als im kalten Deutschland. Um mich herum höre ich nur Menschen in einem amerikanischen Akzent sprechen, und das viel zu schnell. Ich werde abgeholt von einer Mitarbeiterin meines Internats und sie erkundigt sich zunächst nach meinem Hungergefühl und ob ich gerne zu McDonald's gehen wolle (Klische erfüllt). In der Schule angekommen, werde ich von einer Mitschülerin her-umgeführt und schnell wird mir klar, zu Hause ist es gar nicht so schlecht. Die Zimmer spartanisch eingerichtet mit ungemütlichen Betten und dreckigen Bädern, hinzukommend eine Mitbewohnerin mit der ich mich überhaupt nicht verstanden habe. Das Essen, teilweise abgelaufen und ungenießbar, war sowieso das Lästerthema Nummer 1 der Schülerinnen.

Die Schule an sich, typisch amerikanisch: prüde und streng. Ein reines Mädcheninternat mit stren-gem Dress-Code. Kurze Hosen oder Leggings? Ein No-Go. Streng gläubig, mit eigener Kirche auf dem Campus und Pflichtveranstaltungen für alle, welchen Glauben du vertrittst interessierte nicht. Ich als Deutsche hatte natürlich das volle Paket mit Vorurteilen über die Nazizeit, Hitler und natürlich Bier und hohe Steuern. Trotz all dem wurde ich schnell in einen Freundeskreis aufgenommen, also wurde ich in den Ferien, wenn die Schule geschlossen war, immer eingeladen mit einer Freundin nach Hause zu kommen, um die Ferien dort zu verbringen.

Das tägliche Leben im Internat bestand aus Unterricht, Mittagessen, nochmal Unterricht, Sport und Lernen. Einmal in der Woche hatten die Schülerinnen die Möglichkeit, auf dem sogenannten Food Run Essen zu kaufen. Meine beste Freundin und ich hatten die Tradition einfach immer zu „Chick-fil-a“, welches eine Fast-Food-Kette in Amerika ist, essen zu gehen. In den ersten 2 Monaten wurde ich, egal wo ich einkaufen war, an der Kasse immer mit “Ohh I love your accent, it's so cute, you're from Germany, right?” angesprochen, was sich aber nach ein paar Monaten zu “Cute accent, where are you from?” geändert hat. Mein deutscher Akzent und meine europäische Herkunft standen überall im Mittelpunkt und trotz der Vorurteile war ich als Deutsche hoch ange-sehen. Ich habe aber auch bemerkt, dass Rassismus immer noch ein großes Thema in den USA ist und selbst die Mädchen an der Schule sich voneinander abgegrenzt haben. Das Problem liegt nicht mal darin, dass Schwarze ausgegrenzt oder benachteiligt werden, sondern, dass alle gegen Weiße schießen. Man hört Sprüche wie “I hate white people”, “That’s so typical white people” oder “White people are crazy”. Wenn ein Weißer das kleinste Wort gegen Menschen anderer Rasse oder Hautfarbe sagen würde, würde er sofort als Rassist dastehen, aber alle anderen können ohne Probleme sagen, dass sie die Weißen hassen.

Generell ist ein Aufenthalt im Ausland sehr zu empfehlen, obwohl ich nicht begeistert von meinem eigenen war, wohl, weil ich meine Schule nicht so sehr mochte. Trotzdem würde ich meinen Aufenthalt nicht rückgängig machen und bereue ihn auch nicht, da ich viel zu viel gelernt habe, trotz schwieriger Zeiten. Ich bin der Meinung, dass es sehr sinnvoll ist, da ein Schüler oder eine Schülerin dadurch viel selbständiger wird, lernt sich besser zu organisieren, verbessert natürlich die Sprachkenntnisse deutlich und lernt, die Dinge, die man zu Hause hat, vielleicht noch mehr zu schätzen.

Paula Lay